Erschwerte Trauer

Jeder Trauernde entwickelt seine individuelle Bewältigungsstrategie, um den Verlust zu verarbeiten. Bestimmte Risikofaktoren können die Verarbeitung zusätzlich erschweren, insbesondere dann, wenn sie die vorhandenen Ressourcen des Trauernden weit übersteigen. Risikofaktoren sind z.B.:

  • plötzliche oder mit Gewalt verbundene Todesursachen (u.a. Suizid),
  • das Sterben eines Kindes,
  • konflikthafte, hochambivalente oder sehr abhängige Beziehungen,
  • unverarbeitete Verlusterfahrungen in Kindheit und Jugend,
  • Persönlichkeitsmerkmale, wie rigides Selbstbild,  geringe Ich-Stärke, unsicherer Bindungsstil u.a.,
  • mangelnde Unterstützung im Umfeld oder sozial aberkannte Trauer (u.a. bei Abtreibung oder verschwiegenen Liebesbeziehungen).

Erschwerte Trauer profitiert in besonderem Maße von Trauerbegleitung in Einzelgesprächen oder Gruppen.
Psychotherapeutische Unterstützung kann notwendig werden, wenn die eigene Person und das bisherige Leben durch den Verlust massiv in Frage gestellt sind; oder wenn „tiefe Wunden“ aufbrechen (z.B. Liebesentzug, Verlustangst oder Gewalterfahrungen in der Kindheit).

Eher selten entwickelt sich die erschwerte Trauer hin zu komplizierter oder traumatischer Trauer.

Komplizierte Trauer

Sie ist dann wahrscheinlich, wenn der intensive Trauerschmerz  (Wund-Sein, Verlassen-sein, anhaltende Verzweiflung, unstillbare Sehnsucht) über viele Monate anhält und sich auch deutlich nach dem ersten Trauerjahr unverändert zeigt. Durch sein Ausmaß wird das weitere Leben stark beeinträchtigt – sozial, beruflich und in der Alltagsgestaltung. Vermutet werden innere Konflikte, die der Trauerbewältigung im Wege stehen. Im therapeutischen Prozess können diese erkannt und gelöst werden, so dass die akute Trauer abgeschlossen und der Verlust ins Leben integriert werden kann.

Traumatische Trauer

Viele Trauernde kennen wiederkehrende Bilder und belastende Erlebnisse aus der Zeit des Erkrankung und des Sterbens, die sehr quälend sein können. Wenn die verfügbaren Bewältigungsstrategien ausreichen, werden sie mit der Zeit schwächer und treten in den Hintergrund. Halten sie jedoch mehr als 6 Monate nach dem Verlust noch unvermindert an, kann dies auf traumatische Trauer hindeuten. Insbesondere dann, wenn sie von einer durchgehend hohen Angespanntheit, einem ungewöhnlichen Umgang mit den eigenen Gefühlen (Emotionslosigkeit oder Überschwemmung) und einem ausgeprägten Vermeidungsverhalten begleitet werden. Die verlustbezogene Trauerarbeit und die Anpassung an die veränderte Lebenssituation sind erheblich beeinträchtigt.
Die Bearbeitung der traumatischen Erlebnisse erfordert eine spezielle Traumatherapie. Prozessbegleitend kann Trauerbegleitung stabilisieren, und Erinnerungen jenseits der traumatischen Erlebnisse ermöglichen.